Politik in Halle
letzte Aktualisierung: 16.07.2023Die Linke ist in Halle (Saale) relativ stark, hat nach dem Ende der DDR 1990 jedoch noch nie den Oberbürgermeister gestellt. Stattdessen kamen je zwei Mal CDU und SPD zum Zug: Nachdem der este CDU-Mann im Rathaus schon 1991 durch Stasi-Vorwürfe zu Fall kam, übernahm Klaus Peter Rauen (CDU, verstorben) das Regime. Auf den Mann aus dem Westen folgten zwei SPD-Frauen aus dem Osten (Ingrid Häußler und Dagmar Szabados). 2012 kam mit Bernd Wiegand wieder ein Mann aus dem Westen an die Rathaus-Spitze in Halle, zwar ohne Parteibuch, aber mit Schützenhilfe von Linkspartei und Grünen. Nach permanenten Streitereien mit Halles Stadtrat und einem langen Prozess wegen eines Untreuevorwurfs wurde der OB 2021 wegen neuer, schwerwiegender Vorwürfe suspendiert. Seitdem führt der Westdeutsche Egbert Geier die Amtsgeschäfte. Der Erdrutscherfolg der AfD bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt (24,3 Prozent) hat auch in Halle gezeigt, wie die Stadt inzwischen politisch, sozial und ökonomisch gespalten ist. Die neue Partei rechts von der CDU punktete vor allem bei den Enttäuschten und Abgehängten im Süden und Westen der Stadt. Bei der Landtagswahl 2021 behauptete die AfD ihre starke Stellung mit 20,8 Prozent, während die Linke auf 11 Prozent abstürzte. Die CDU konnte deutlich zulegen und kam auf 37,1 Prozent. Bei der Stadtratswahl 2019 in Halle ging die Linke mit 17,8 Prozent als Siegerin durchs Ziel vor der CDU mit 17,4 Prozent (beide mit herben Verlusten) dicht gefolgt von den Grünen mit 16,3 Prozent (+ 6,3 Prozent) und der AfD mit 14 Prozent (+ 9,4 Prozent).
Welche Hallenser sind oder waren Bundestagsabgeordnete?
Petra Sitte (seit 2005, Die Linke), Karamba Diaby (seit 2013, SPD), Christoph Bernstiel (von 2017 bis 2021, CDU) und Frank Sitta (seit 2017, FDP) sitzen/saßen für Halle Saale im Deutschen Bundestag.
Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) wurde 1939 in Halle Saale geboren, war einer der RAF-Anwälte und saß von 1985 bis 2017 im Deutschen Bundestag. Er verstarb am 29. August 2022.
Christoph Bergner war von 2002 bis 2017 für die CDU im Deutschen Bundestag.
Welche Hallenser sitzen im Landtag von Sachsen-Anhalt?
Thomas Keindorf, Bernhard Bönisch und Marco Tullner (CDU), Thomas Felke (SPD) sitzen für Halle im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Halles Oberbürgermeister war vom 1. Dezember 2012 bis zu seiner Suspendierung im April 2021 Bernd Wiegand
Bei der Stichwahl am 15. Juli 2012 setzte sich Bernd Wiegand (parteilos) als Oberbürgermeister-Kandidat für Halle an der Saale durch. Seit 1. Dezember 2012 war er Chef der Stadtverwaltung. Wiegand ist Verwaltungswirt und Doktor der Rechte. Er war drei Jahre Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Vor seinen Amtsantritt als OB war er seit 2008 Beigeordneter für Sicherheit, Gesundheit und Sport. In der Zeit war er vorübergehend Mitglied der SPD. Im Herbst 2019 gewann Bernd Wiegand erneut die OB-Wahlen. Wieder musste er eine Stichwahl bestehen. Diesmal gelang ihm der Sieg gegen Hendrik Lange (Linke). Nachdem sich Wiegand, der bereits wegen Mobbings verurteilt war, schon kurz nach seiner Wahl wegen eines Untreue-Vorwurfs vor Gericht wiederfand und nach dem Hochwasser 2013 wegen Kompetenzüberschreitungen im Zusammenhang mit dem Bau eines Hochwassserdeiches in die Schlagzeilen kam, stürzte er 2021 über die Affäre zu seiner vorzeitigen Impfung gegen SARS Cov-2 (Corona). Im April 2021 wurde er vom Dienst suspendiert. Staatsanwaltliche Ermittlungen brachten ihm neue Vorwürfe ein. Alle Versuche Wiegands, sich ins Rathaus zurückzuklagen, scheiterten.
Die Amtsgeschäfte im OB-Büro werden seit April 2021 von Finanzdezernent Egbert Geier (SPD) geführt. Wiegand versucht seitdem, in den Schlagzeilen zu bleiben und sich in die Stadt- und Verwaltungspolitik einzumischen. Wiegand und seine Getreuen unterstellen weiter, dass die Suspendierung nicht juristisch, sondern allein politisch begründet ist. Derweil bemerkte die Regionalzeitung "Mitteldeutsche Zeitung" in einem Bericht 2022, dass nach der Entfernung Wiegands aus der Leitung des Rathauses endlich Diplomatie in Halles Stadtspitze eingezogen sei. Allerdings kam es im April 2022 auch gegen Geier zu Ermittlungen, dessen Führungsstil zudem etwas eingeschlafen wirkt.
Zwischenzeitlich versuchte Wiegand, Stimmung für seine Rückkehr ins Rathaus zu machen. Dafür hatte sein treues Gefolge beim angeblich unabhängigen Verein Hauptsache Halle eine Unterschriftensammlung angeschoben, die im April 2023 endete. 2105 Pro-Stimmen gingen dann per Post an den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, der freilich nicht zu entscheiden hat, wer in Halle Bürgermeister ist. Nebenbei hat Wiegand die Online-Berichterstattung aus seiner Parallelwelt intensiviert, in der er weiter der OB im Amt ist, der allen zeigt, wie es richtig geht. An der grundsätzlichen Auffassung der Hallenser in der Frage hat sich gleichwohl nichts geändert: nibelungentreue Wiegandisten stehen einer Mehrheit von Menschen gegenüber, die von dem ganzen Theater die Nase voll hat. Am 13. Juli 2023 entschied nochmals das Verwaltungsgericht in Magdeburg, dass Wiegand suspendiert bleibt, weil es nicht nur um die Impfaffäre, sondern auch um weitere Verstöße geht. Das Landesverwaltungsamt Halle hält das Disziplinarverfahren mit eben dieser Begründung aufrecht. Wiegand kündigte sogleich an, weiter gegen seine Suspendierung zu klagen. (Stand 16.07.2023)
Der entmachtete OB von Halle Saale, Bernd Wiegand, sieht sich als Opfer einer politischen Intrige.
Halles Stadtrat